Blindenfußball ist eine relativ junge Sportart. Ihren Ursprung hat sie in Brasilien. In Südamerika, England und Spanien wird teilweise schon seit den sechziger Jahren organisiert gespielt. Weltmeisterschaften gibt es seit 1998 alle zwei Jahre. Brasilien ist der aktuelle Titelträger. In das Licht einer breiteren Öffentlichkeit rückte Fußball von blinden und sehbehinderten Menschen aber erstmalig 2004 bei den Paralympischen Spielen in Athen, wo der Blindenfußball als Demonstrationssportart in den Kanon der paralympischen Disziplinen aufgenommen wurde. Die brasilianische Mannschaft ist aktuell die unumstrittene Nummer 1 der Welt. So gewann das südamerikanische Team im Sommer 2008 bei den Paralympics in der chinesischen Hauptstadt Peking gegen China, 2012 in London und 2016 in Rio die Goldmedaille. Mittlerweile wird Blindenfußball in über 20 Ländern erfolgreich gespielt.
Die Europameisterschaften finden alle zwei Jahre statt. Spanien war bereits fünfmal erfolgreich. Der aktuelle Titelträger kommt aus der Türkei. Das Team gewann 2015 bei der Europameisterschaft in Herford/England den Titel und qualifizierte sich somit für die Paralympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro.
Die Deutsche Nationalmannschaft belegte unter Cheftrainer Ulrich Pfisterer bei der EM 2015 den 6. Platz und verpasste damit die Qualifikation für die Paralympischen Spiele 2016.
Bei der EM 2017 im eigenen Land erreichte die Deutsche Auswahl den 6. Platz und scheiterte somit knapp an der Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2018 in Spanien.
Die BLINDENFUSSBALL-Bundesliga (DBFL)
145.000 blinde und mehr als 500.000 sehbehinderte Menschen leben in unserem Land. Immer mehr von ihnen spielen Fußball. 2006 gilt als das Geburtsjahr des Blindenfußballs in Deutschland. Im Rahmenprogramm der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 fand in Berlin das erste große internationale Turnier auf deutschem Boden statt: der International Blind Challenge Cup (IBCC).
Seitdem gab es in Deutschland mehrere große Turniere. Immer mehr blinde Sportler können sich für Blindenfußball begeistern, bereits an 19 Standorten trainieren Teams oder befinden sich im Aufbau. Die Zusammenarbeit mit den dortigen Fußballvereinen bietet sich an. Für die Integration blinder und sehbehinderter Menschen in „normale“ Vereinsstrukturen wurde der VfB Gelsenkirchen im Mai 2010 ausgezeichnet. Im Rahmen des Tags des Blindenfußballs vor dem Berliner Reichstag erhielten Trainer Holger Stäbel und der blinde Abteilungsleiter Bayram Dogan aus den Händen des damaligen Bundesinnenministers Dr. Thomas de Maizière einen Ehrenpreis der Bundeskanzlerin.
Übrigens: Im Jahr 2019 gehören alle Teams, die an der BLINDENFUSSBALL-Bundesliga (DBFL) teilnehmen, einem Fußballverein an.
Die BLINDENFUSSBALL-Bundesliga (DBFL), die im März 2008 in ihre Premierensaison startete, bildet das Fundament des deutschen Blindenfußballs. Die europaweit einzigartige Spielserie für blinde und sehbehinderte Menschen wurde von der Sepp-Herberger-Stiftung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), vom Deutschen Behindertensportverband (DBS) und vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) gemeinsam ins Leben gerufen.
Acht Mannschaften aus ganz Deutschland spielten 2008 um den ersten Titel. Deutscher Meister wurde damals die SSG blista Marburg. Das Team aus Hessen, das heute unter dem Namen SF Blau-Gelb Blista Marburg firmiert, sicherte sich auch 2012, 2015, 2016 und 2019 den Deutschen Meistertitel. In den Jahren 2009, 2010, 2011, 2013, 2014, 2018 und 2020 gewann jeweils der MTV Stuttgart die begehrte Meistertrophäe. Im Jahr 2017 wurde der FC St. Pauli erstmalig Deutscher Meister im Blindenfußball.
Die Bundesliga sorgt für Aufmerksamkeit und wird mehr und mehr Menschen für diesen Fußball begeistern. Sie ist auch nötig, um das Niveau kontinuierlich zu steigern und damit auch international konkurrenzfähiger zu werden. Denn eine starke und etablierte Liga trägt dazu bei, eine leistungsstarke Nationalmannschaft zu formen.
Der Tag des Blindenfußballs
Der 20. Mai 2010 war für den Blindenfußball in Deutschland ein besonderer Tag: Unmittelbar auf dem Platz der Republik vor dem Hauptportal des Berliner Reichstagsgebäudes wurde auf einem extra aufgebauten Kunstrasenspielfeld den ganzen Tag über Blindenfußball gespielt.
„Sie können mir glauben, wir können uns vor Anfragen nicht retten. Verbände und Firmen wollen hier vor dem Reichstag ihre Veranstaltung abhalten, und natürlich müssen wir meistens absagen. Diese Anfrage habe ich aber gerne akzeptiert, denn wir wollen heute ein Zeichen setzen“, sagte Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert, als er den „Tag des Blindenfußballs“ eröffnete. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hatte die Schirmherrschaft übernommen. Als Höhepunkt traf die deutsche Blindenfußball-Nationalmannschaft auf die Türkei und setzte sich 3:2 (1:0) durch. Den Siegtreffer erzielte vor der Rekordkulisse von rund 2.000 Zuschauern der Kölner Michael Wahl drei Minuten vor Spielende.
Vier Jahre nach einem ersten Demonstrationswettbewerb in Berlin kehrte der Blindenfußball in die Hauptstadt zurück. Der Rasselball rollte vor dem Parlamentsgebäude als sicht- und hörbares Zeichen, dass der Sport in der Mitte der Gesellschaft angekommen war.
„Die Sepp-Herberger-Stiftung und die kooperierenden Verbände haben dem Blindenfußball in Deutschland Rang und Namen verschafft. Das Engagement des DFB ist wesentlich dafür, dass die Sportart bekannt wurde und sich weiter entwickelt“, betonte der damalige Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière, der wie auch die Sportausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag die laufende Sitzung des Parlaments verlassen hatte, um die deutsche und türkische Nationalmannschaft zu begrüßen, die am Nachmittag vor dem Reichstag zu einem Länderspiel, dem Heimdebüt der Deutschen, antraten. Die Nationalhymnen wurden live präsentiert durch das Bundespolizeiorchester Hannover.
Bundestagspräsident Lammert und Dr. Thomas de Maizière nutzten den Tag auch, um unter Anleitung von DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher eigene Erfahrungen im Blindenfußball zu sammeln. Mit Dunkelbrille versuchten sie dabei den Rasselball in einem vom damaligen DFB-Vizepräsidenten Karl Rothmund gehüteten Tor unterzubringen.